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gegen und stellte sein Heer gegen die Albaner in Schlachtordnung
auf. Eben sollte der Kampf beginnen, als Mettus in die Mitte
beider Heere trat und den Tullns zu einer Unterredung einlud.
„Wir können es uns nicht verbergen, — sprach er bei der Zu-
sammenkunft — daß bloß Eifersucht die beiden benachbarten und
verwandten Völker gegen einander auf den Kampfplatz führte.
Warum wollen wir doch so vieles Blut vergießen! Warum
wollen wir uns einander selbst entkräften, und beide geschwächt
in die Hände unserer Feinde fallen! Lieber mag ein unparteii-
scher Kampf einzelner Männer aus deinem und meinem Heere
auf ewig entscheiden, welches Volk dem andern unterworfen sein
soll." Dem Tullns gefiel der Vorschlag. Beide gingen ausein-
der, um aus ihren Heeren die Tapfersten zu diesem Entschei-
dungskampfe auszusuchen. Zufällig dienten im römischen Heere
Drillingsbrüder, die Horatier, und eben so im albanischen, die
Curiatier. Diese boten sich freudig dazu da, den Kampf für die
Herrschaft auszufechten. Nachdem der Vertrag feierlich beschwo-
rcn war, griffen die drei Brüder beiderseits zu den Waffen und
traten unter lauten Ermunterungen und Ermahnungen ihrer Mit-
bürger in der Heere Mitte. Hier standen die Römer, dort die
Albaner vor ihrem Lager aufgestellt, voll banger Erwartung über
den Ausgang des nahen Entscheidungskampfes. Das Zeichen
wird gegeben, und der Angriff beginnt. Es blitzeil und klirren die
Schwerter durcheinander und Schauder durchfährt die Zuschauer.
Plötzlich stürzt ein Römer, und über ihn noch ein Römer sterbend
hin, und mit lautem Jubel begrüßen die Albaner das Glück ihrer
Streiter; während im römischen Lager Alle von Bestürzung und
Verzweiflung auf das tiefste ergriffen sind. Aber schwer ver-
wundet sind alle drei Albaner; der eine lioch übrige Römer da-
gegen ohne Wunden und frisch all Kraft und Muth. Dieser
nimmt plötzlich die Flucht und lockt die andern, ihn zil unter-
stützen. So trennt er listig die dreifache Gewalt, wohl voraus-
sehend, daß sie ihn nur so verfolgen können, wie es Jedem seine
schwächende Wunde zuläßt. Nach kurzer Flucht bleibt er stehen
und blickt sich um. Da sieht er seine drei Gegner weit von
einander getrennt, und einen schon ganz in seiner Nähe. Auf
diesen rennt er mit großem Ungestüin zurück; und während das
albanische Heer den Curiatiern zuruft, ihrein Bruder beizusprin-
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127
um Frieden baten. Da aber die Römer völlige Unterwerfung
verlangten, beschlossen sie, mit der äußersten Anstrengung ihrer
Kräfte den Krieg sortzusctzen. Sie wählten zu ihrem Anführer
Q. Pontius, den Sohn des weisen Herennius. Gegen ihn zo-
gen die beiden Consuln T. Veturius Calvinus und Sp. Postumius
Albinus. Die Samniter zogen sich vor ihnen zurück in die cau-
dinischcn Engpässe (lureulae Oaullinao) unweit dem heutigen
Arpaja, und hielten alle Ausgänge besetzt. Die Landleute waren
angewiesen, das Gerücht auszustreuen, das ganze samnitische
Heer stehe jetzt in Apulien und belagere Luceria. Auf diese
Nachricht schlugen die Consuln schleunigst den kürzesten Weg nach
Luceria ein, nämlich den, welcher durch die caudinischcn Eng-
pässe führt. Sorglos und mit allem Gepäck zog ihr Heer in
einem langen Zuge in den berüchtigten Hohlweg ein. Da ward
der Verrath offenbar. Kein Ausweg stand offen, alle Pässe
waren vom Feinde besetzt, kein Vordringen, kein Rückzug mög-
lich, bald zwang der Hunger die Eingeschlossenen, den Sieger
um Frieden zu bitten. Pontius schickte nun zu seinem alten
Vater und ließ fragen, was er jetzt thun sollte. Der kluge
Samniter gab seinem Sohne den Rath, entweder sie alle ohne
Unterschied niedcrzuhauen, oder sie ungekränkt zu entlassen. Das
Erste würde die Römer außer Stand setzen, den Sammlern
zu schaden, das Letzte sie ihnen auf immer verpflichten." Allein
Pontius zog es vor, den Mittelweg einzuschlagen und das ge-
fangene Heer unter Bedingungen zu entlassen. Es sollte näm-
lich Rom das alte auf Gleichheit beruhende Bündniß wieder-
herstellen und aus Samnium seine Kolonien zurückziehen: „Die
Consuln gelobten dieses, und zur Sicherung der Ausführung
dieses Gelöbnisses (sponsio) hielt Pontius sechshundert Ritter
als Geißel zurück. Am schmachvollsten war die Art der Ent-
lassung selbst. Zum Zeichen der völligen Unterwerfung unter
das Gesetz des Siegers mußten die Römer, mit Zurücklassung
aller Waffen und Heergeräthe, unter dem Joche hergehen, die
Consuln voran, unter lautem Hohngelächter der zu beiden Seiten
unter Waffen stehenden Feinde. Mit Scham und Erbitterung
trat das entwaffnete Heer den Rückzug an. In der Nähe von
Capua machte es Halt und lagerte sich für die Nacht auf freiem
Felde. In die Stadt selbst mogte Keiner kommen. Als dieses
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85
heimkehren. Der Senat fürchtete vor ihrer Rückkehr, und unter
dem Vorwände, die Sabiner machten neue Kriegesrüstungen,
wurden sie noch unter Waffen gehalten. Allein das Volk durch-
fchauete bald diese Arglist; und jetzt, nachdem es bei aller Hin-
gebung in seinen gerechtesten Erwartungen wieder und wieder
auf das grausamste war getäuscht worden, nahm es zu einem
verzweifelten Mittel seine Zuflucht. Mit den Waffen in der
Hand, seine Feldzeichen an der Spitze, brach es unter Anführung
des aus seiner Mitte gewählten Plebejers Sicinius Bellu-
tus auf, und lagerte sich auf einem anderthalb Stunden von
Rom, am Einflüsse des Anio in die Tiber gelegenen Berge,
welcher später der „heilige Berg" genannt wurde. Von hieraus
schauete es trotzig hinunter auf die verhaßte Tyrannenstadt.
Diese unerwartete Unternehmung belehrte den Senat, wie
sehr er sich durch seine Härte und Ungerechtigkeit geschadet hatte.
Das Volk strömte in ganzen Massen aus Rom nach dem heili-
gen Berge; die Wachen an den Thoren waren nicht im Stande,
dasselbe aufzuhalten. Durch Tumult in: Innern und Krieg von
Außen geänstigt, entschloß sich der Senat jetzt endlich zur Nach-
giebigkeit. Er schickte eine Gesandtschaft, und an der Spitze der-
selben M e n e n i u s A g r i p p a, den Liebling des Volkes, in das
Lager der Ausgewanderten, sie freundlich zur Rückkehr einzula-
den. Dieser führte das Wort und belehrte das Volk über die
bösen Folgen der Zwietracht durch eine Fabel. „Einst, — sprach
er - empörten sich die Glieder des Körpers wider den Magen.
Sie wollten es nicht länger dulden, daß dieser allein in behag-
licher Ruhe in der Mitte sitze und sich von den andern füttern
und tragen lasse. Sie versagten ihm also ihren Dienst. Die
Hände wollten keine Speisen mehr an den Mund bringen, der
Mund sie nicht aufnehmen, die Zähne sie nicht zermalmen.
Diesen Vorsatz führten die Glieder eine Zeitlang aus. Aber bald
merkten sie, daß sie sich selbst dadurch schadeten. Sie fühlten
nämlich, daß es der Magen sei, der die Säfte der empfangenen
Speisen durch alle Glieder vertheile und dadurch ihnen allen
Kraft und Munterkeit gebe. Sie ließen daher von ihrem Vor-
haben ab und söhnten sich wieder mit dem Magen aus." Das
Volk begriff bald den Sinn dieser Worte und sah ein, daß seine
Empöruug und seine Trennung dieselbe Schwäche und Hinfällig-
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136
Heuer, welche hölzerne Thürme mit Kriegern auf ihrem Rücken
trugen in die Reihen der Römer ein und verbreiteten Schrecken
und Verwirrung. Noch nie hatten diese solchen Ungeheuern ge-
genüber gestanden. Selbst die Pferde wurden scheu und warfen
ihre Reiter ab. Was sich nicht durch die Flucht rettete, wurde
von den Elephanten zertreten oder von den Soldaten aus den
Thürmen niedergeschossen. Blutig war die Niederlage der Rö-
mer 2). Jedoch hatte auch Pyrrhus diesen Sieg theuer erkaufen
müssen. Er selbst war in höchster Lebensgefahr gewesen; seine
besten Führer und Soldaten waren gefallen. Als er am folgen-
den Tage das Schlachtfeld, den Zeugen der römischen Tapfer-
keit, besuchte, äußerte er voll Bewunderung: „O, wie leicht
wäre es, die ganze Welt zu erobern, wenn die Römer meine
Soldaten, oder ich ihr König wäre3)!"
Nach diesem Siege fielen ihm die Sammler, Lucaner,
Apuler und Bruttier zu, und mit ihnen vereint drang er vor
bis nach Präneste, das nur sieben Meilen von Rom selbst ent-
fernt ist. Von hieraus schickte er seinen Freund, den großen
griechischen Redner Eineas, der, wie Pyrrhus behauptete, mehr
Städte mit seiner Zunge, als er selbst mit dem Schwerte ero-
bert hatte, mit Friedensanträgen nach Rom, hoffend, daß die
Römer, nach ihrer großen Niederlage und bei der Nähe der neuen
Gefahr, jetzt gewiß zum Frieden ganz geneigt sein würden. Die
Bedingungen desselben waren: es sollte in den Frieden mit
Pyrrhus auch Tarent mit ausgenommen, allen Griechen in
Italien Unabhängigkeit eingeräumt, deu vier mit Tarent ver-
bundenen Völkern alles, was ihnen die Römer entrissen, zurück-
gegeben werden. Allein es war Grundsatz der Römer, nie nach
Niederlagen, sondern nur uach Siegen Frieden zu schließen.
Vergebens bot der große Schüler des Demosthenes die ganze
sieggewohnte Kraft seiner Beredsamkeit auf, um die Absicht seines
Herrn zu erreichen; hier aber scheiterte seine Kunst an der Rede
des blinden, greisen Appius Claudius, der, schon längst
nicht mehr gewohnt, in der Versammlung zu erscheinen, dieses
2) V. Laevinus parum prospere adversus Pyrrhum pugnavit, ele-
phantorum maxiine inusitata facie territis militibus. Liv. epit. I. 13.
3) 0 quam facile erat, orbis terrarum Imperium occupare, aut
mihi Romanis militibus, aut me rege. Flor, I. 18.
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Extrahierte Personennamen: Claudius
Extrahierte Ortsnamen: Rom Schwerte Rom Tarent Italien Tarent
139
bäum zurück, und war schon im Begriffe, nach Afrika überzu-
setzen; aber die militärische Strenge, welche er übte, ward Ver-
anlassung, daß viele Städte von ibm wieder an die Karthager
abfielen. Nach dritthalbjährigem Aufenthalte (278—275) schiffte
er sich wieder nach Italien ein, um deu hartbedrängten Taren-
tinern die erbetene Hülfe zu bringen. Scheidend brach er in die
ahnungsvollen Worte aus: „Dieses Eiland wird dereinst der
Zankapfel zwischen Rom und Karthago sein!" Sobald die Rö-
mer seine Ankunft erfuhren, schickten sie den Consul Cur ins
Dentatus mit einem Heere gegen ihn ab, und es kam bei
Beneventum (275) zu einer dritten großen Schlacht. Pyrr-
hus rechnete wieder vorzüglich auf seine Elephanten, aber gegen
diese hatten die Römer ein gutes Mittel erfunden. Mit einem
fürchterlichem Geschrei warfen sie brennende Fackeln und Pech-
kränze zwischen die Ungeheuer, so daß sie wüthend zurückrannen
und Verwirrung und Flucht über das Heer des Pyrrhus selbst
brachten. Sein Heer wurde gänzlich geschlagen, sein Lager er-
obert. Dieses diente ihnen zum Muster, wie man ein solches
regelmäßig abstechen und befestigen müsse. Überhaupt lernten sie
von ihm die neuere griechische Kriegeskunst kennen, durch welche
fünfzig Jahre früher Alexander der Große ein so mächtiges Reich
gegründet hatte. Der Sieger hielt nun einen glänzenden Tri-
umphzug, in welchem auch vier Elephanten, zur größten Augen-
weide der Römer, mit aufgeführt wurden.
Nach dieser Niederlage hielt Pyrrhus es für rathsam, Ita-
lien aufzugeben und in sein Land zurückzukehren 6). Er schiffte
sich mit dem Überreste seines Heeres so geräuschlos als möglich
wieder ein und ließ in Tarent bloß eine Besatzung zurück. Der
klägliche Zustand, in welchem der große, weitberühmte Krieges-
held wieder anlangte, mußte auch den auswärtigen Völkern einen
hohen Begriff von der Macht der Römer einflößen. Er selbst
endete schon im Jahre 272, bei der Belagerung von Argos im
Peloponnes, sein abenteuerliches Leben. Hier schleuderte eine
Argiverin von ihrem Hause herunter einen Ziegelstein auf den
Kopf des Königs, so daß er besinnungslos vom Pferde sank;
b) 0uriu8 Dentatus Pyrrhum ex Sicilia in Italiam reversum vicit et
Italia expulit. Liv. ep. Xiv.
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Extrahierte Personennamen: Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Italien Rom Karthago Tarent Argos Italiam
160
37 Elephanten von Karthagena auf und überschritt den Ebro.
In kurzer Zeit, aber nur nach einem äußerst blutigen Kampfe,
unterwarf er sich das ganze zwischen diesem Flusse und dem
Pyrenäengebirge gelegene Land und ließ zur Deckung desselben
den Unterfeldherrn Hanno mit 11,000 Mann zurück. Er selbst
überstieg mit 50,000 Fußgängern und 9000 Reitern die Pyre-
näen und durchzog rasch das südliche Frankreich, über Ruscino,
das heutige Russillon, Narbonne, Nismes (Nemausus). Gegen
das Ende des Septembers kam er an die Rhone, über die er
zwischen Orange und Avignon setzte. Hier kam es zu einem
blutigen Vorpostengefechte. Der römische Cónsul Scipio, wel-
cher auf seiner Fahrt nach Spanien zu derselben Zeit bei Mar-
seille landete, und erst hier Kunde von dem Übergange seines
Gegners über die Pyrenäen erhielt, war entschlossen, ihm hier
den Weg zu verlegen und schickte eine Abtheilung Reiter aus,
Erkundigung einzuziehen. Zu demselben Zwecke hatte auch Han-
nibal eine Reiterschar abwärts geschickt, die bald mit der römi-
schen in einem zwar kleinen aber blutigen Gefechte zusammentraf,
wie zum Vorspiel der großen Kämpfe, die bald folgen sollten.
Dem römischen Cónsul wich er listig aus. Er wandte sich nörd-
lich längs der Rhone, ging dann über die Jsere (Zsara), welche
in die Rhone fließt und langte, gestärkt durch die Bündnisse gal-
lischer Fürsten, in der letzten Hälfte des Oktobers an dem Fuße
der Alpen an. Hier aber schien die Natur der Gegend seinem
Siegeszuge eine Grenze setzen zu wollen.
Zn der Mitte zwischen Italien und Gallien ragt in furcht-
barer Höhe das Alpengebirge, gleichsam als eine feste unüber-
steigbare Mauer zwischen beiden Ländern aufgethürmt. Rings-
umher starret alles von Eis und Schnee, zackige Felsenspitzen ra-
gen bis in die Wolken hin. Hier war nicht Stadt nicht Dorf;
kein gebahnter Weg führte über das entsetzliche Gebirge. Nur
wilde Thiere schweiften umher und halbwerwilderte Menschen,
die, erstarrt von Kälte, in elenden Hütten oder in Felsenschluch-
ten ihr trauriges Leben zubrachten. Hierüber sollte nun zum
erstenmal ein ganzes Heer setzen, Menschen, Pferde, Elephanten,
Wagen und Gepäck, und das gerade in der rauhen Herbstzeit,
wo Alles um so schrecklicher war, zumal für die Karthager, die
aus dem heißen Afrika kamen. Betroffen stand das Heer vor
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Karthagena Hanno Cónsul_Scipio Scipio
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Nismes Avignon Spanien Italien Gallien Afrika
161
den Alpen; sie zu übersteigen, schien unmöglich. Nur Hannibal
zagte nicht. Er hielt an dasselbe eine kräftig ermunternde Rede,
die allen Unmuth entfernte. Getrost begann es mit seinem ge-
liebten Führer die mühevolle Fahrt. Aber kaum war man et-
was höher gekommen, da begann erst recht das Elend. Die
Soldaten konnten auf den glatten Eismassen keinen festen Fuß
fassen; bald glitt der eine bald der andere aus und stürzte jäh-
lings den Berg hinunter. Bald meinten sie, auf festen Boden
zu treten; aber siehe, es ist nur ein wenig Schnee, oben über
eine Felsklippe zusammengefroren, unten der Abgrund, in wel-
chen die Unglücklichen stürzen. Dann fällt ein Elephant, dann
rollt ein Wagen zurück und reißt Alles hinter sich mit fort in's
Verderben. Dazu stürzen die wilden Bewohner aus den Schluch-
ten und Höhlen hervor und überfallen die müden Kletternden.
Verzweiflung sah man auf allen Gesichtern. Hannibal sprach
überall seinen müden Soldaten Muth ein: „Bald haben wir
die Spitze erreicht, bergunter wird es besser gehen!" Nach tau-
send Mühseligkeiten hatten sie endlich diese erreicht und standen
oben auf dem Cenis. Hier, in diesen luftigen Schnee- und
Eisfeldern, ließ er seine ausgehungerten und fast erstarrten Sol-
daten zwei Tage ausruhen. Von den eisigen Wolkenhöhen hin-
ab zeigte er ihnen in weiter Ferne die sonnenhellen Fluren des
schönen Italiens. Da bekam das Heer frischen Muth und fing
an hinabzusteigen. Aber die Schwierigkeiten hiebei waren fast
noch größer. Auf dem schlüpfrigen abschüssigen Boden war kein
Halt, Menschen und Thiere schossen jählings hinab. Sie kamen
an einen Felsen, wo wegen eines tiefen sich vor ihnen aufthuen-
den Abgrundes kein Schritt vorangesetzt werden konnte. Hier
unternahm Hannibal etwas, wodurch er die Nachwelt in Er-
staunen gesetzt hat. Er grub auf eine noch immer unerklärliche
Art für sein Heer und seine Elephanten einen Weg durch den
Felsen. Nach der fabelhaften Erzählung des Livius soll er ihn
mit Weinessig und Feuer gesprengt haben. Endlich, nach Ver-
lauf von fünfzehn schweren Tagen, hatten die bleichen Krieger
die Ebenen Italiens erreicht. Innerhalb fünf und einem halben
Monat war von Karthagena aus ein Weg von zweihundert
deutschen Meilen unter steten Kämpfen und Gefahren zurückge-
legt worden.
Wetter, Geschichte der Römer.
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121
einheimischen Feinde, von dem plebejischen Cónsul Pötelius
überfallen und gänzlich geschlagen. Im Sommer des Jahre 358
drang eine dritte Horde bis nach Präneste vor. Ihr gegenüber
bezog der Diktator Sulpicius ein festes Lager, das die Gallier
nicht anzugreifen wagten. Endlich waren die Römer des Wartens
müde, und der Diktator führte sie zum offenen Kampfe hinaus.
Der Sieg blieb lange unentschieden; plötzlich brachen die Gallier
den Kampf ab und flohen voll Schrecken in die Wälder. Es
hatte sich nämlich in ihrem Rücken ein Haufen römischer Troß-
knechte mit ihren Lastthieren nebst einigen Reitern gezeigt, den
aber die Gallier für ein neues römisches Heer hielten, das her-
anziehe, um sie zu umzingeln. Dieser Jrrthum hatte den Rö-
mern das Glück des Tages zugewendet. Kaum waren die Gal-
lier abgezogen, als die Etrusker mit großer Heeresmacht Rom
bedrohten. Sie wurden aber von C. Marcius Rutilus, dem
ersten plebejischen Diktator') (355) besiegt, und ihnen ein vier-
zigjähriger Frieden bewilligt. Jetzt konnten die Römer und die
mit ihnen enger verbündeten Latiner ihre gemeinsame Kraft ge-
gen den gemeinsamen Feind, die Gallier, richten, deren Beute-
fahrten eine wirkliche Landplage wurden. Im Jahre 349 bra-
chen sie wieder in Latium ein. In diesem neuen Kriege war
Camillus, der Sohn des zweiten Erbauers Roms, zum Diktator
ernannt, und wurde, wie sein Vater, Sieger über die Gallier.
Der großen Schlacht am albanischen Gebirge (348), in welcher
er ihre Raubscharen fast vernichtete, ging wieder ein Zweikampf
voraus, den die Sage wunderbar ausgeschmückt hat. Ein Gal-
ler forderte wieder, nach der Sitte seines Volkes, einen Römer
heraus, und der junge Marcius Valerius nahm die Fordernng
an. Während des Zweikampfes aber setzte sich ein Rabe, ein
dem Kriegesgotte Mars geweihter Vogel, auf den Helm des
Römers und fuhr bei jedem Gange mit Schnabel und Krallen
dem Gallier in's Gesicht und in die Augen, so daß dieser, kaum
seiner Besinnung noch mächtig, von Valerius niedergestochen
ward. Nun flog der Rabe, wie triumphirend, hoch gen Himmel
auf. Valerius aber führte seitdem den Beinamen Corvus, d. i.
*) Adversus eum terrorem (den Einbruch der Etrusker) dictator
C. Maitius Rutilus primus de plebe dictus, magistrum equituni item de
plebe C. Plautium dixit. Liv. Vii. 17.
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Extrahierte Personennamen: Cónsul_Pötelius Sulpicius C._Marcius_Rutilus Camillus Marcius_Valerius C._Maitius_Rutilus C._Plautium
222
den Ufern der Nord-- und Ostsee, die, durch Hunger oder Über-
schwemmung gezwungen, zu Hunderttausenden mit Weib und Kind
die Heimath verließen und neue Wohnsitze suchten. Wie ein
dichtes, schwarzes Gewölk — so sagen die Alten selbst — zogen
die nordischen Stämme, Schwüle und Furcht verbreitend, einher,
bis sich die Wolken in feurige Blitze entluden, die selbst das Ca-
pitol zu treffen droheten. Erst fielen sie in Gallien und Spa-
nien ein und schlugen alle gegen sie ausgesandten Consuln; dann
näherten sie sich in zwei getrennten Haufen Italien selbst. Ganz
Rom gerieth hierüber in Schrecken. Auch die heiligen Schilde
des Mars, heißt es, bewegten sich von selbst und verkündeten
dadurch einen gewaltigen Krieg. Jetzt zum erstenmal bewarb sich
Keiner aus den adeligen oder reichen Familien um die Consul-
würde. Marius allein galt für den Mann, der Rettung bringen
konnte, und er wurde, obwohl abwesend, zum Consul ernannt.
Der düstere Mann von Arpinum nahm, stolz im Bewußtsein
seines Werthes, das ihm übertragene Amt an und zog mit sei-
nem Heere zu dem gefahrvollen Kampfe aus. An der Rhone
traf er zuerst die Teutonen und die mit denselben verbündeten
Ambronen und schlug ihnen gegenüber ein verschanztes Lager auf.
Da kamen die fremden Männer in wildem Ungestüm vor die
Wälle des Lagers, neckten und höhnten das römische Heer und
forderten es trotzig zum Kampfe heraus. Die Gebirge umher
und die Ufer des Stromes hallten wieder von ihrem Kriegesge-
schrei. Aber Marius ließ sich nicht aus der Fassung bringen.
Er hielt sich lange ruhig iu seinem wohlbefestigten Lager, um
seine Krieger erst an den entsetzlichen Anblick der wilden Männer
und an ihre furchtbare Stimme zu gewöhnen. Und wenn er
eine günstige Gelegenheit ersah, daß ein kleiner Haufen der
Feinde allein war, so that er schnell einen Ausfall auf sie mit
Gewalt und Überzahl, damit die Seinen nur erst im Kleinen
siegen lernten. Solches Zaudern ermüdete die streitlustigen Deut-
schen. Als diese sahen, daß er ihre Herausforderung zur Schlacht
nicht annahm, brachen sie endlich auf und zogen an seinem La-
ger vorbei, des Weges nach Italien. Den römischen Soldaten
riefen sie noch mit beißendem Spotte zu: „Ob sie etwas nach Rom
an ihre Weiber zu bestellen hätten?" Marius folgte ihnen zur
Seite nach, sich immer auf den Höhen haltend, damit sie ihn nicht
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Extrahierte Personennamen: Marius Marius Arpinum Marius Marius Marius Marius
Extrahierte Ortsnamen: Ostsee Gallien Italien Rom Italien Rom
235
allein er nahm sie nicht. Alle sollten sehen, wie Rom seinen
Retter und Wohlthäter belohnt habe, und glühend vor Rache zog
er mit seiner Bande dahin. Auch der kühne Demokratenführer
Sertorius war bereits mit seiner Schar vor Rom angekom-
men, und die Stadt wurde von allen Seilen ans das engste ein-
geschloffen. Sie war auf keine Belagerung gefaßt, und grenzen-
los war die Verwirrung und Nathlofigkeit. Scharenweise stürz-
ten die Sklaven aus den Thoren und verbanden sich mit den
Feinden. Endlich, als auch Hungersnoth und Seuche ausbrach,
faßte der Senat den Beschluß, mit Cinna wegen des Friedens
zu unterhandeln und schickte deshalb Gesandte in sein Lager.
Cinna empfing sie mit der Frage, ob sie zu ihm als einem Con-
sul oder als Privatmann kämen; und als sie hierauf nicht zu
antworten wußten, entließ er sie sogleich. Da legte Merula
freiwillig sein Consulat nieder; und nun konnte der Senat den
Cinna als Consul anerkennen und von neuem mit ihm unter-
handeln. Dieser saß auf seinem curulischen Sessel, das Scepter
in der Hand, umgeben von dem ganzen Glanze seiner consula-
rischen Würde, als die zweite Gesandtschaft vor ihm erschien.
Schweigend, aber verächtlich lächelnd stand Marius neben dem
curulischen Sessel, als die Gesandten im Namen des Senats den
Consul demüthigst baten, von der Stadt Besitz zu nehmen, aber
Milde und Schonung walten zu lassen. Dieses versprach er und
hielt seinen Einzug. Marius mit seiner Bande rückte nach,
machte aber plötzlich vor dem Thore Halt und rief mit bitterem
Hohne: „Verbannte dürfen nicht in die Stadt treten!" Da ver-
sammelten die Tribunen schnell das Volk, um die Verbannung
des Marius und der übrigen Geächteten aufzuheben. Aber kaum
hatten einige Tribus gestimmt, da übermannte ihn die Wuth,
und er brach auf. Zum Entsetzen war sein Einzug. Vor und
hinter ihm gingen die wilden Rotten seiner Bardiäer; auf wen
er zeigte, den hieben sie nieder. Auf dem Forum standen viele
Senatoren, ihn zu empfangen; ein Wink, und sie wurden nieder-
gehauen. Auch der Consul Octavius fand den Tod, und sein
Kopf wurde neben den Köpfen der erschlagenen Senatoren vor
der Rednerbühne aufgesteckt. In Verzweiflung gaben sich viele
selbst den Tod, unter ihnen der Consular Merula. Dann ordnete
Marius einzelne Banden seiner Bardiäer in die Häuser aller
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Extrahierte Personennamen: Sertorius Merula Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius